„Solartechnische Sonder-AfA“ gewerblicher PV-Anlagen: Bis zu 30 Prozent im ersten Jahr?

Grünlandfläche mit Photovoltaiktischen SHBB Bad Oldesloe

In den Medien wird derzeit oft beworben, dass nicht unter § 3 Nr. 72 EStG fallende PV-Anlagen im Jahr der Anschaffung mit bis zu 30 Prozent abgeschrieben werden können. Das Konzept wird als „solartechnische Sonderabschreibung“ bezeichnet und mit ihr sollen sich gewerbliche PV-Anlagen auch als strategisches Investment zur Steuergestaltung eignen. Doch ist die beworbene Abschreibung mit bis zu 30 Prozent überhaupt realistisch und zutreffend?

Die reguläre Abschreibung von PV-Anlagen

Weil gewerblich genutzte PV-Anlagen zum Anlagevermögen zählen, müssen die Anschaffungskosten über die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer abgeschrieben werden. Grundsätzlich ist dafür die lineare Abschreibung (§ 7 Abs. 1 EStG) sowie eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von 20 Jahren (Nr. 3.1.6 der amtlichen AfA-Tabelle) maßgebend. Die Abschreibung beträgt damit jährlich fünf Prozent der Anschaffungskosten (100/20 Jahre = fünf Prozent). Sie reduziert sich aber im Jahr der Anschaffung zeitanteilig um 1/12 für jeden vollen Monat, der dem Monat der Anschaffung vorangeht (§ 7 Abs. 1 S. 4 EStG).

Praxistipp: Etwas anderes gilt für betrieblich genutzte Batteriespeicher. Weil deren betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer regelmäßig zehn Jahre beträgt, ergibt sich eine lineare Abschreibung von jährlich zehn Prozent (100/10 = 10 Prozent).

Seit dem 01.07.2025: Degressive Abschreibung zulässig

Auch wenn eine PV-Anlage ebenso wie ein Batteriespeicher fest mit dem Gebäude verbunden werden, handelt es sich für steuerliche Zwecke um bewegliche Wirtschaftsgüter (R 7.1 Abs. 3 EStR). Das liegt daran, dass es sich jeweils um eine Betriebsvorrichtung handelt. Dieser Umstand bietet einen entscheidenden Vorteil: Denn bewegliche Wirtschaftsgüter, die nach dem 30.06.2025 und vor dem 01.01.2028 angeschafft oder hergestellt werden, lassen sich auch degressiv abschreiben (§ 7 Abs. 2 EStG). Die degressive Abschreibung selbst beläuft sich auf das Dreifache der linearen Abschreibung und auf maximal 30 Prozent pro Jahr. Das bedeutet effektiv:

  • Eine PV-Anlage lässt sich im ersten Jahr mit bis zu 15 Prozent abschreiben (lineare AfA von fünf Prozent x drei). Dieser AfA-Satz ergibt sich allerdings nur bei einer Anschaffung im Januar 2026 oder Januar 2027. In allen anderen Monaten reduziert sich die Abschreibung zeitanteilig um 1/12 für jeden vollen Monat, der dem Monat der Anschaffung vorangeht.
  • Gleiches gilt für den Batteriespeicher, wobei sich für diesen die degressive Abschreibung auf 30 Prozent erhöht (lineare AfA von zehn Prozent x drei).

Gestaltungen zur Steueroptimierung

Festzuhalten bleibt also zunächst, dass es die beworbene „solartechnische Sonderabschreibung“ von bis zu 30 Prozent zwar gibt; aber nicht für PV-Anlagen sondern nur für Batteriespeicher. Dabei bleibt es jedoch nicht immer. Denn der steuerliche Werkzeugkasten bietet mehr:

Gestaltung durch Sonderabschreibungen

Unerheblich davon, ob die lineare oder degressive AfA angewendet wird, können für PV-Anlage und Batteriespeicher unter zwei Voraussetzungen zusätzlich Sonderabschreibungen geltend gemacht werden (§ 7g Abs. 5 EStG):

  • Der Betrieb darf im Jahr vor der Anschaffung einen Gewinn von maximal 200.000 Euro erzielt haben.
  • Das Wirtschaftsgut muss im Jahr der Anschaffung und dem Folgejahr im Inland ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt werden.

Die Sonderabschreibung beträgt bis zu 40 Prozent der Anschaffungskosten und dieser Betrag kann flexibel auf das Jahr der Anschaffung und die vier folgenden Jahre verteilt werden. Dabei ist weder erforderlich, dass in jedem der fünf Jahre Sonderabschreibungen vorgenommen werden, noch, dass der Höchstbetrag von 40 Prozent ausgeschöpft wird. Das bedeutet konkret:

  • PV-Anlagen können im ersten Jahr effektiv mit bis zu 55 Prozent und
  • Batteriespeicher effektiv mit bis zu 70 Prozent abgeschrieben werden.

Werden Sonderabschreibungen vorgenommen, dann muss die weitere Abschreibung ab dem sechsten Jahr neu berechnet werden. Dazu ist der Restwert auf die Restnutzungsdauer zu verteilen (§ 7a Abs. 9 EStG).

Gestaltung mittels Investitionsabzugsbetrag das Optimum heraus holen

Wer die Anschaffung der Anlage frühzeitig plant, kann die Abschreibung im ersten Jahr noch erhöhen. Denn unter den Voraussetzungen des § 7g Abs. 1 EStG kann bereits Jahre vor der Anschaffung ein Investitionsabzugsbetrag (IAB) gebildet werden. Er beträgt bis zu 50 Prozent der geplanten Anschaffungskosten. Im Jahr der Anschaffung wird der IAB dem Gewinn zwar wieder hinzugerechnet. Parallel können aber die Anschaffungskosten entsprechend gemindert werden (§ 7g Abs. 2 EStG). Die weitere Abschreibung bemisst sich dann nach den geminderten Anschaffungskosten. Der Vorteil:

Fazit: Die „solartechnische Sonderabschreibung“ mit bis zu 30 Prozent stimmt nur bedingt. Denn mit den richtigen Gestaltungen lassen sich im ersten Jahr bis zu 77,5 Prozent (PV-Anlage) bzw. bis zu 85 Prozent (Batteriespeicher) absetzen.

  • PV-Anlagen können so im ersten Jahr mit effektiv bis zu 77,5 Prozent (50 Prozent IAB zzgl. 55 Prozent von den restlichen 50 Prozent) und
  • Batteriespeicher mit bis zu 85 Prozent (50 Prozent IAB zzgl. 70 Prozent von den restlichen 50 Prozent) abgeschrieben werden.

Quellen

  • § 3 Nr. 72 EStG; § 7 Abs. 1 EStG;