Bisher hat die Biogasbranche bei den gesetzgeberischen Aktivitäten zur Energiewende kaum Berücksichtigung gefunden, der Gesetzgeber fokussierte sich in erster Linie auf Windenergie- und Photovoltaikanlagen. Einzig für neue Güllekleinanlagen sieht das EEG 2023 erhebliche Verbesserungen vor, so dass solche neuen Anlagen vor allem für große Tierhaltungsbetriebe interessant sein können.
Dass Bestandsanlagen, die an der Oktober-Ausschreibung 2023 teilnehmen wollen, bessere Zukunftschancen haben, ist nicht auf den Gesetzgeber, sondern auf die Erhöhung des zulässigen Höchstgebots durch die Bundesnetzagentur zurückzuführen, wie die aktuellen Zahlen deutlich belegen. Erstmals war in der April-Ausschreibung 2023 das ausgeschriebene Volumen fast doppelt überzeichnet.
Neue Güllekleinanlagen
Die bisherigen Regelungen für Güllekleinanlagen gingen teilweise an der Praxis vorbei. Ursprünglich durften solche Anlagen maximal 75 kW installierte Leistung haben. Später konnte zwar mehr installiert, aber maximal 75 kW produziert werden. Schließlich wurde eine Möglichkeit geschaffen, in sinnvoller Weise bis zu 99 kW einzuspeisen. Mehr als ein überschaubarer Zuverdienst war mit diesen Rahmenbedingungen für größere Tierhaltungsbetriebe mit Güllekleinanlagen allerdings kaum zu erzielen.
Nunmehr hat der Gesetzgeber mit dem EEG 2023 neue Rahmenbedingungen gesteckt. Güllekleinanlagen, die jetzt neu errichtet werden, dürfen erstmals nicht nur 150 kW installieren, sondern diese auch vollumfänglich produzieren und einspeisen. Damit kann eine gesetzliche Vergütung von bis zu 270.000 € pro Kalenderjahr erzielt werden – und das im Wesentlichen aus Gülle, die oftmals ohnehin auf dem Betrieb vorhanden ist.
Voraussetzung hierfür ist, dass im Jahresdurchschnitt mindestens 80 Masseprozent Gülle eingesetzt werden. Der Strom muss zudem direkt an der Biogasanlage erzeugt werden und insgesamt darf am Anlagenstandort eine maximal installierte Leistung von 150 kW stehen. Eine Güllekleinanlage kann also nicht neben einer bereits bestehenden Biogasanlage errichtet werden.
Für größere Tierhaltungsbetriebe kann eine solche Güllekleinanlage als weiteres Standbein dienen. Beispielsweise kann ein Betrieb mit etwa 150 Kühen aus ca. 5.000 m³ Gülle etwa 45 kW produzieren. Bei Zugabe von Mais im maximal zulässigen Umfang von 20 Masseprozent kann die Anlage insgesamt bereits 90 bis 92 kW erzeugen. Sofern noch etwa weitere 5.000 m³ Gülle zur Verfügung stehen oder beschafft werden, könnten dann zusammen mit etwa 1.400 Tonnen Mais die insgesamt maximal zulässigen 150 kW erzeugt und damit der Maximalumsatz von knapp 270.000 € pro Kalenderjahr erwirtschaftet werden. Ein Wermutstropfen ist leider, dass die Anlagenpreise im letzten Jahr sehr stark angestiegen sind. Vor diesem Hintergrund sollte jeder interessierte Tierhaltungsbetrieb beziehungsweise potenzielle Investor in eine Güllekleinanlage sehr kritisch kalkulieren, ob sich eine Investition in eine neue Güllekleinanlage aktuell unter seinen individuellen Rahmenbedingungen wirtschaftlich rechnet oder nicht.
Eine Alternative zum Bau einer eigenen Kleinanlage könnte eine Option auch der Abschluss eines Liefervertrages mit einer bestehenden Biogasanlage sein, die das Biogas aus der Gülle zu kraftstofffähigen Biomethan aufbereitet.
Folgeausschreibung für bestehende Biogasanlagen
Die Anhebung des zulässigen Höchstgebotes für Bestandsanlagen durch die Bundesnetzagentur für die beiden Ausschreibungen in 2023 von vormals 18,03 auf 19,83 ct/kWh hat einen wahren Ansturm ausgelöst. Während in der Vergangenheit meist nicht einmal die Hälfte des ausgeschriebenen Volumens geboten wurde, waren die ausgeschriebenen 300 MW mit einer Gebotsmenge von 532 MW erstmals sehr deutlich überzeichnet. Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass bei der Oktober-Ausschreibung nochmals deutlich mehr Anlagenbetreiber an der Ausschreibung teilnehmen werden.
Zu beachten ist, dass seit der letzten Ausschreibung im April 2023 erstmals die Regelungen zur Südregion, das heißt etwa das Gebiet südlich der Main-Linie, Anwendung finden. Dass bedeutet, dass zunächst für eine Zuschlagsmenge von 50 % ausschließlich Anlagen in der Südregion berücksichtigt werden. Die weiteren 50 % des Ausschreibungsvolumens werden dann in Abhängigkeit von der Gebotshöhe sowohl auf Anlagen der Nordregion als auch auf die verbliebenen Anlagen der Südregion entsprechend aufgeteilt. Der höchste Zuschlag für die Südregion lag bei 19,49 ct/kWh, der letzte Zuschlag für die Nordregion bei 19,40 ct/kWh. Das zeigt deutlich, dass man, je nachdem, in welcher Region sich die eigene Anlage befindet, sein Preisgebot gut kalkulieren muss.
Es empfiehlt sich allerdings auch zukünftig, nicht Hals über Kopf an der Ausschreibung teilzunehmen, sondern zunächst ein zukunftsfähiges Gesamtkonzept für die eigene Anlage zu planen. Wer ein Gebot abgibt und dafür einen Zuschlag erhält, ist nämlich sehr lange daran gebunden. Es gibt keine Möglichkeit, über eine spätere Ausschreibungsteilnahme oder Ähnliches seine Leistung im Nachhinein zu erhöhen. Wer beispielsweise mit einer in 2007 errichteten Anlage mit 780 kW Leistung an der Ausschreibung
teilnimmt und dafür einen Zuschlag erhält, ist bis Ende 2038 daran gebunden. Er darf in dieser Zeit grundsätzlich lediglich 45 % aus 780 kW, also jährlich 351 kW liefern und hierfür EEG-Vergütung beanspruchen. Ob dies bis Ende 2038 wirtschaftlich tragfähig ist oder ob es eventuell günstiger wäre, zunächst weitere Leistungskapazitäten hinzuzubauen, muss kritisch kalkuliert werden. Regelmäßig sind für Anlagen, die nicht überbaut haben, sehr enge Grenzen gesetzt, was die Zukunftsfähigkeit angeht. Günstig ist es naturgemäß, wenn ein Anlagenbetreiber seine Einsatzstoffe und damit die Substratkosten in Zukunft möglichst flexibel anpassen und optimieren kann.
Häufig ist neben einer hohen Substrat-Flexibilität auch der Wärmepreis ein maßgeblicher Wirtschaftlichkeitsfaktor einer Biogasanlage. Viele Biogasbetreiber erzielen derzeit immer noch 2 bis 3 ct/kWh, obwohl der Marktwert auch für die Biogasbranche mittlerweile bei 10 ct/kWh oder höher liegt. Diesbezüglich sollten gegebenenfalls zunächst Verhandlungen über eine Anpassung des Wärmepreises geführt werden, bevor eine Teilnahme an der Ausschreibung nach dem EEG erfolgt.