Jahressteuergesetz 2022

Jahressteuergesetz 2022 SHBB Bad Oldesloe

Die Bundesregierung hat im Juli 2022 einen ersten Referentenentwurf des Jahressteuergesetzes 2022 veröffentlicht. Derzeit diskutieren Bundestag und Bundesrat die Entwurfsfassung. Die Bundesregierung möchte mit dem Jahressteuergesetz insbesondere fachlich notwendige Gesetzesänderungen vornehmen. Dazu gehören Anpassungen zur Verfahrensvereinfachung und zur Umsetzung des Koalitionsvertrages. Auch müssen Regelungen des EU-Rechts sowie ergangene Rechtsprechung umgesetzt werden. Nach den Plänen der Bundesregierung soll noch im Dezember 2022 die Zustimmung von Bundestag und Bundesrat vorliegen, damit das Gesetz zum 1. Januar 2023 in Kraft treten kann. Bis Redaktionsschluss dieses Beitrags waren die Regelungen noch nicht rechtskräftig beschlossen. Daher können wir nur über den derzeitigen Planungsstand informieren:

Abgabenordnung

Offenbarung von Daten, die dem Steuergeheimnis unterliegen
Es ist geplant, dass die Finanzbehörden geschützte Daten auch für die Durchführung eines Strafverfahrens wegen einer zu Unrecht erlangten Leistung aus öffentlichen Mitteln offenbaren dürfen. Eine Offenbarung zur Durchführung eines Bußgeldverfahrens ist hingegen nicht vorgesehen.

Direkter Zahlungsweg für öffentliche Leistungen
Bislang sind Strukturen für eine unbürokratische und zugleich missbrauchssichere Auskehrung öffentlicher Mittel an alle oder eine sehr große Zahl von Bürgerinnen und Bürger nicht in ausreichendem Maße vorhanden. Aktuelles Beispiel war die Auszahlung der Energiepreispauschale im September 2022 an alle Beschäftigten. Es sollen nun Voraussetzungen für eine missbrauchssichere Auskehrung öffentlicher Mittel über die steuerliche Identifikationsnummer geschaffen werden, um in Zukunft einen einfachen und unbürokratischen Zahlungsweg zu ermöglichen.

Einkommensteuer

Steuerbefreiung für bestimmte Photovoltaikanlagen
Als Anreiz zum Ausbau der erneuerbaren Energien sollen Einnahmen aus dem Betrieb von Photovoltaikanlagen auf, an oder in Einfamilienhäusern, einschließlich Dächern von Garagen und Carports und anderweitiger Nebengebäude, mit einer installierten Gesamtbruttoleistung laut Marktstammdatenregister von bis zu 30 kW (peak) rückwirkend ab 01.01.2022 steuerfrei gestellt werden.
Gleiches gilt für nicht Wohnzwecken dienenden anderen Gebäuden, wie zum Beispiel Gewerbeimmobilien, Garagenhöfe sowie unseres Erachtens auch landwirtschaftliche Wirtschaftsgebäude.

Die Steuerbefreiung soll darüber hinaus auch für Photovoltaikanlagen auf Mehrfamilienhäusern und gemischt genutzten Gebäuden mit überwiegender Nutzung zu Wohnzwecken, bis zu einer Größe von 15 kW (peak) je Wohn- oder Gewerbeeinheit in Betracht kommen. Damit könnte auch der Betrieb von Photovoltaikanlagen durch Privatvermieter, Wohnungseigentümergemeinschaften, Genossenschaften und Vermietungsunternehmen begünstigt sein. Werden in einem Betrieb nur steuerfreie Einnahmen aus dem Betrieb von begünstigten Photovoltaikanlagen erzielt, müsste hierfür kein Gewinn mehr ermittelt und damit auch keine gesonderte Anlage EÜR abgegeben werden.

Die Steuerbefreiung ist unabhängig von der Verwendung des erzeugten Stroms bis zu einer Maximalleistung von 100 kW (peak) pro Einzelunternehmer oder Personen- oder Kapitalgesellschaft vorgesehen. Dies gilt auch für Einnahmen aus Photovoltaikanlagen, bei denen der erzeugte Strom vollständig in das öffentliche Stromnetz eingespeist, zum Aufladen eines privaten oder betrieblich
genutzten E-Autos verbraucht oder von Mietern genutzt wird. Die Maximalleistung kann sich aus einer oder mehreren Anlagen ergeben. Auch Bestandsanlagen sollen von dieser beabsichtigten Neuregelung profitieren können.

Häusliches Arbeitszimmer
Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sollen wie bisher grundsätzlich nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar sein. Steuerpflichtige, die ein häusliches Arbeitszimmer nutzen und denen dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, sollen ihre Aufwendungen aber weiterhin als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehen können. Der bisher bestehende Höchstbetrag von 1.250 € soll in eine Monatspauschale von 105 €, maximal 1.260 € pro Jahr, umgewandelt werden. Diese soll personenbezogen anzuwenden sein. Üben mehrere Personen ihre betriebliche oder berufliche Tätigkeit im selben Arbeitszimmer aus, soll der Betrag von 1.260 € vervielfacht werden können.

Bildet das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung und steht kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, sollen die Aufwendungen wie bisher in voller Höhe als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden können. Es ist vorgesehen, für diesen Fall ein Wahlrecht zwischen dem Abzug der tatsächlichen Kosten und dem Ansatz der Jahrespauschale von 1.260 € einzuführen.

Homeoffice-Pauschale
Die aus Anlass der Corona-Pandemie eingeführte Homeoffice-Pauschale soll um 1 € auf 6 € pro Tag, allerdings zukünftig bis zu einem Maximalbetrag von 1.260 € (bisher 600 €) pro Jahr dauerhaft beibehalten werden. Ein Abzug der Homeoffice-Pauschale soll wie bisher auch dann zulässig sein, wenn zusätzlich ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.

Wenn die Voraussetzungen für den Abzug tatsächlicher Kosten oder der Jahrespauschale für ein häusliches Arbeitszimmer erfüllt sind, soll ein Wahlrecht zwischen diesen Abzügen und dem Abzug der Homeoffice-Pauschale möglich sein. Ein Abzug von tatsächlichen Kosten, Jahres- oder Tagespauschale nebeneinander soll dagegen nicht zulässig sein, und zwar auch dann nicht, wenn im Wirtschafts- oder Kalenderjahr mehrere Tätigkeiten ausgeübt werden. Der Abzug soll sich wie bisher immer auf die gesamte betriebliche und berufliche Betätigung beziehen. Bei Ausübung verschiedener betrieblicher oder beruflicher Tätigkeiten sollen sowohl die Summe der Homeoffice-Pauschalen von 6 € als auch der Höchstbetrag von 1.260 € auf die verschiedenen Tätigkeiten aufgeteilt werden; die Beträge sollen nicht
tätigkeitsbezogen zu vervielfachen sein.

Anhebung der Abschreibung für Wohngebäude
Bisher werden Gebäude, die Wohnzwecken dienen und die nach dem 31.12.1924 fertiggestellt worden sind, linear mit 2 % p.a. abgeschrieben, bei Fertigstellung vor dem 01.01.1925 mit 2,5 %. Bereits im Koalitionsvertrag wurde eine Anhebung des linearen AfA-Satzes für neue Wohngebäude auf 3 % vereinbart. Dies soll jetzt zum 01.01.2023 umgesetzt werden.

Altersvorsorgeaufwendungen
Die 2005 mit dem Alterseinkünftegesetz begonnene Umstellung der Besteuerung von Renten auf die sogenannte nachgelagerte Besteuerung sieht eine kontinuierlich ansteigende Steuerfreistellung von Altersvorsorgeaufwendungen vor. Nach derzeitiger Gesetzeslage können diese erstmals im Jahr 2025 zu 100 % als Sonderausgaben berücksichtigt werden. Der Entwurf des Jahressteuergesetzes 2022 sieht einen vollständigen Sonderausgabenabzug erstmals bereits für das Jahr 2023 vor.

Sparer-Pauschbetrag
Der Sparer-Pauschbetrag in Höhe von 801 € bei Einzelveranlagung und 1.602 € für zusammenveranlagte Ehegatten oder Lebenspartner wurde erstmals mit der Unternehmenssteuerreform 2008 eingeführt. Es ist vorgesehen, ihn ab 2023 auf 1.000 € beziehungsweise auf 2.000 € heraufzusetzen. Um die technische Umsetzung möglichst einfach zu gestalten, sollen bereits erteilte Freistellungaufträge automatisch prozentual erhöht werden.

Umsatzsteuer

Nullsteuersatz für Lieferung und Installation von PV-Anlagen und Stromspeichern
Die Neuregelung sieht vor, dass auf die Lieferung, die Einfuhr und den innergemeinschaftlichen Erwerb sowie auf die Installation von Solarmodulen einschließlich aller wesentlichen Komponenten für den Betrieb von Photovoltaikanlagen und Stromspeichern ein Nullsteuersatz anzuwenden ist. Der Lieferant soll weiterhin einen Vorsteuerabzug erhalten. Aufgrund des Nullsteuersatzes könnten Betreiber die Kleinunternehmerregelung ohne finanzielle Nachteile anwenden.

Der Vorsteuerabzug als Grund für einen Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung würde entfallen, wenn beim Bezug von Photovoltaikanlagen oder Stromspeichern zukünftig ohnehin keine Vorsteuer mehr anfällt. Voraussetzung für die Anwendung des Nullsteuersatzes soll sein, dass die Photovoltaikanlage an einem Privatwohnhaus, einer Privatwohnung oder einem Gebäude, das für dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt wird oder in unmittelbarer Nähe zu einem der zuvor genannten Objekte installiert wird. Aus Vereinfachungsgründen sollen die Voraussetzungen für die Anwendung des Nullsteuersatzes als erfüllt gelten, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 kW (peak) beträgt. Damit könnte dann auch die Installation einer Photovoltaikanlage auf betrieblichen Gebäuden bis zu dieser Leistung zum Nullsteuersatz abgerechnet werden.

Bewertungsgesetz

In das Bewertungsgesetz sollen insbesondere die neuen Regelungen der Immobilienwertverordnung (ImmowertV) aus Juli 2021 eingearbeitet werden. Zielsetzung ist die einheitliche Anwendung der Grundsätze bei der Wertermittlung durch die Gutachterausschüsse und Finanzämter. So sollen das Ertrags- und Sachwertverfahren zur Bewertung bebauter Grundstücke sowie die Verfahren zur Bewertung in Erbbaurechtsfällen und Fällen mit Gebäuden auf fremden Grund und Boden an die geänderte ImmowertV angepasst werden. Damit soll die Bedeutung der durch die Gutachterausschüsse ermittelten Bewertungsgrundlagen für die steuerliche Bewertung weiter erhöht und ein Gleichklang zwischen der ImmowertV und der Bewertung für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer weiter vorangetrieben werden. Des Weiteren ist im Rahmen des Jahressteuergesetzes eine Aktualisierung der Vervielfältiger
und Zinssätze vorgesehen.