Bei hauptberuflich selbstständig Tätigen, die freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, bemisst sich die Beitragshöhe nach ihrem steuerlichen Einkommen. Mit Wirkung ab 2018 wurde das Verfahren der Beitragsfestsetzung geändert. Zukünftig werden die Beiträge von den Krankenkassen zunächst vorläufig festgesetzt und nach Vorlage des Einkommensteuerbescheides rückwirkend angepasst. Das kann bei starken zeitlichen Einkommensschwankungen zu hohen Beitragsnachzahlungen oder -erstattungen führen.
Damit die Krankenkassen die Versicherungsbeiträge erheben können, sind Selbstständige verpflichtet, ihre Einkommensteuerbescheide nach Erhalt unverzüglich ihrer Krankenkasse vorzulegen. Die Finanzverwaltung darf zwar automatisiert auf die Daten der Krankenkassen zugreifen, einen umgekehrten unmittelbaren und automatisierten Zugriff der Krankenkassen auf Steuerdaten gibt es bisher aber nicht.
Bis Ende 2017 wurden die Krankenversicherungsbeiträge nach Vorlage des aktuellen Einkommensteuerbescheides mit Wirkung für die Zukunft angepasst. Das Einkommen, das in einem Kalenderjahr tatsächlich erwirtschaftet und in einem Steuerbescheid festgesetzt wurde, wirkte sich damit erst in einem späteren Jahr auf die Höhe der Krankenversicherungsbeiträge aus. Eine rückwirkende Änderung der Beiträge war auf diese Weise grundsätzlich ausgeschlossen.
Beispiel: Unternehmer Meyer hatte seiner Krankenkasse seinen Einkommensteuerbescheid 2015 aus Oktober 2017 sofort vorgelegt. Gegenüber dem Vorjahr 2014 waren seine Einkünfte erheblich gesunken. Daraufhin wurden die Krankenversicherungsbeiträge ab November 2017 von 620 Euro auf monatlich 350 Euro verringert.
Seit Januar 2018 werden die laufend zu zahlenden Krankenversicherungsbeiträge von den Krankenkasse zunächst vorläufig festgesetzt. Die endgültige Festsetzung der Beiträge erfolgt nach Vorlage des Einkommensteuerbescheides für das jeweilige Kalenderjahr. Die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge werden dann rückwirkend an die tatsächlichen Einkommensverhältnisse angepasst. Zu wenig gezahlte Beiträge müssen nachgezahlt werden, zu viel gezahlte werden erstattet. Durch dieses zweistufige Verfahren soll erreicht werden, dass Krankenversicherungsbeiträge an schwankende Einkommen unabhängig von dem Zeitpunkt, an dem die Einkommensteuererklärung eingereicht wird, oder den Bearbeitungszeiten der Finanzbehörden angepasst werden.
Beispiel: Krankenversicherungsbeiträge von Meyer für 2018 werden unverändert auf Grundlage des jüngsten Einkommensteuerbescheides 2015 in Höhe von 350 Euro monatlich festgesetzt – allerdings zunächst nur vorläufig. Im Juli 2019 erhält Meyer seinen Steuerbescheid für 2018 und reicht diesen im August 2019 ein. Da das Einkommen von Meyer gestiegen ist, werden die Beiträge für 2018 rückwirkend auf 420 Euro erhöht und Meyer hat eine Beitragsnachzahlung für 2018 in Höhe von 12 × 70 Euro = 840 Euro zu leisten.
Von der Neuregelung betroffen sind Versicherte mit Einkünften aus Gewerbebetrieb, Land- und Forstwirtschaft und selbstständiger Arbeit, aber auch mit Vermietungseinkünften. Das geänderte Verfahren gilt zudem für GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer, die sozialversicherungsrechtlich als Selbstständige behandelt werden, beispielsweise aufgrund einer Beteiligung von mehr als 50 Prozent. Ausgenommen von der vorläufigen Beitragsfestsetzung sind Versicherte, deren Einkommen unter dem steuerfreien Grundfreibetrag (für 2018 9.000 Euro pro Jahr) oder oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze in der Sozialversicherung (für 2018 4.425 Euro monatlich) liegt. Im Rahmen der freiwilligen Krankenversicherung der Landwirte erfolgt die Beitragsfestsetzung ebenfalls weiterhin endgültig. Die vom Spitzenverband der Krankenkassen eingeführten speziellen Beitragsfestsetzungsverfahren bei sozialer Härte, unverhältnismäßiger Belastung und Ähnlichem gelten unverändert fort. So können in speziellen Einzelfällen und unter besonderen Voraussetzungen Beiträge auch zukünftig schon vor Ergehen eines Einkommensteuerbescheides gemindert werden.