Beim Erwerb einer Vermietungsimmobilie gilt der Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“. Das heißt, dass sämtliche Mietverträge vom Veräußerer auf den Erwerber übergehen. Wenn ein Käufer einer Immobilie einem bisherigen Mieter Abfindungen gewährt, damit dieser die Mietwohnung vorzeitig räumt, um beispielsweise umfangreiche Renovierungsmaßnahmen durchführen zu können, stellt sich die Frage, wie diese Abfindungen steuerlich einzuordnen sind.
Zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Gebäudes oder einer Wohnung gehören auch sogenannte anschaffungsnahe Herstellungskosten. Das sind Aufwendungen für typische Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung eines Gebäudes durchgeführt werden. Allerdings müssen diese Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes oder der Wohnung übersteigen. Mit Urteil aus September 2022 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass Abfindungen, die der Vermieter für die vorzeitige Kündigung des Mietvertrages und die Räumung der Wohnung an seinen Mieter zahlt, um das Gebäude umfangreich renovieren zu können, nicht zu den anschaffungsnahen Herstellungskosten gehören. Die Abfindungszahlungen stellen vielmehr sofort abziehbare Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung dar.
Im Urteilsfall hatte eine GbR eine Immobilie mit vier Wohnungen erworben und in den ersten zwei Jahren nach Erwerb renoviert. Um die Renovierungsmaßnahmen schneller durchführen zu können, wurden den Mietern Abfindungszahlungen zum vorzeitigen Auszug angeboten. Das Finanzamt behandelte die Zahlungen als anschaffungsnahe Herstellungskosten, da unter Einbeziehung weiterer Renovierungskosten die gesetzliche 15-Prozent-Grenze überschritten wurde. Dieser Beurteilung erteilte der BFH eine Absage. Der Anwendungsbereich der anschaffungsnahen Herstellungskosten ist auf bauliche Maßnahmen an Einrichtungen des Gebäudes oder am Gebäude selbst beschränkt. Aufwendungen, die durch die Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen lediglich mitveranlasst werden, fallen nicht unter diese Regelung und können dementsprechend sofort als Werbungskosten abgezogen werden.
Dieses Urteil wirkt sich auf Gebäude im Betriebsvermögen entsprechend aus. Hier können die etwaigen Kosten für Mieterabfindungen als Betriebsausgaben abgezogen werden. Einzige Ausnahme dürfte weiterhin der Erwerb in Abbruchabsicht sein, wenn das Gebäude nicht saniert, sondern planmäßig nach Erwerb abgebrochen und neu errichtet wird. In diesen Fällen stellen Abfindungszahlungen an Mieter Herstellungskosten des neuen Gebäudes dar.