Der Bundesfinanzhof ändert seine Rechtsprechung hinsichtlich der Unternehmereigenschaft von Aufsichtsratsmitgliedern.
Trägt das Mitglied eines Aufsichtsrats aufgrund einer Festvergütung kein Vergütungsrisiko, ist es nicht als Unternehmer tätig. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden. Damit schließt sich das höchste deutsche Finanzgericht
in dieser Rechtsfrage der Auffassung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) an.
Der Entscheidung zugrunde liegt der Fall eines leitenden Angestellten, der Aufsichtsratsmitglied bei einer von seinem Arbeitgeber kontrollierten Aktiengesellschaft war. Nach Satzung der AG erhielt jedes Aufsichtsratsmitglied für seine Tätigkeit eine jährliche Festvergütung von 20.000 Euro oder einen zeitanteiligen Anteil hiervon. Der leitende Angestellte wandte sich gegen die Annahme, dass er als Mitglied des Aufsichtsrats Unternehmer sei und damit umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringe. Einspruch und Klage beim Finanzgericht hatten keinen Erfolg.
Demgegenüber gab der BFH der Klage mit Verweis auf den EuGH statt. Nach der EuGH-Rechtsprechung übt ein Mitglied eines Aufsichtsrats genau dann keine selbstständige Tätigkeit aus, wenn es für Rechnung und unter Verantwortung des Aufsichtsrats handelt und dabei selbst kein wirtschaftliches Risiko trägt. In dem seinerzeit vom EuGH entschiedenen Fall ergab sich letzteres daraus, dass das Aufsichtsratsmitglied eine feste Vergütung unabhängig von der Teilnahme an Sitzungen und den geleisteten Arbeitsstunden erhielt. Der BFH hat sich bei seinem Urteil nun in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung für genau diese Fallkonstellation der EuGH-Rechtsprechung angeschlossen. Offengelassen haben die Richter in München, ob bei variabler Vergütung an der Unternehmereigenschaft festzuhalten ist.
Die geänderte Rechtsprechung könnte auch auf Aufsichtsgremien in Vereinen und Stiftungen sowie auf Beiräte Auswirkungen haben. Solange der Bund den Umsatzsteuer-Anwendungserlass nicht ändert, können sich Aufsichtsratsmitglieder und beaufsichtigte Gesellschaften weiter darauf berufen, dass dem Erlass zufolge die Aufsichtsratstätigkeit zur Unternehmereigenschaft führt. Ist die zu beaufsichtigende Gesellschaft nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, kann allerdings eine Nichtbesteuerung der Aufsichtsratstätigkeit von Vorteil sein. In diesem Fall sollten sich betroffene Unternehmen, Vereine und Verbände, Stiftungen und ähnliche Organisationen auf die geänderte BFH-Rechtsprechung berufen.