Kassengesetz in der Praxis

Mitteilungspflicht bis Ende 2022 ausgesetzt Kassen SHbb Bad Oldesloe

Anwendungsschreiben der Finanzverwaltung: Um Steuerausfällen durch manipulierte Kassen  entschieden entgegenzutreten, hat der Gesetzgeber das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an  digitalen Grundaufzeichnungen – das sogenannte Kassengesetz – erlassen. Dieses trat Ende 2016 in  Kraft. Das SHBB Journal hatte in Ausgabe 1/2017 ausführlich darüber berichtet. Im Zusammenhang mit dem neuen Kassengesetz sind in der Praxis viele Zweifel und Fragen aufgekommen. Nun hat das Bundesfinanzministerium (BMF) im Juni 2018 in einem umfangreichen Schreiben neben  grundsätzlichen Aussagen zu den Buchführungs- und Aufzeichnungsvorschriften auch Hinweise zur  ordnungsgemäßen Kassenführung gegeben.

Allgemeines
Buchführungspflichtige Unternehmer haben für Bargeldbewegungen ein Kassenbuch zu führen, gegebenenfalls auch in der Form aneinandergereihter Kassenberichte. Eine Einnahmenüberschussrechnung setzt „lediglich“ voraus, dass die Höhe der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben durch geordnete und vollständige Belege nachgewiesen werden. In der Praxis  empfiehlt sich aber auch bei einer Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung eine detaillierte Aufzeichnung der Barumsätze, um im Falle einer steuerlichen Betriebsprüfung die Zusammensetzung der betrieblichen Bareinnahmen nachweisen zu können.

Einzelaufzeichnungen
Die Pflicht zur Einzelaufzeichnung jedes Geschäftsvorfalls gilt nach dem aktuellen BMF-Schreiben unabhängig von der Gewinnermittlungsart. So fallen auch Steuerpflichtige, die ihren Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung ermitteln, unter diesen Grundsatz. „Einzelaufzeichnung“ bedeutet nicht nur die Aufzeichnung der in Geld bestehenden Gegenleistungen, sondern auch des Inhalts der Geschäftsvorfälle und des Namens des Vertragspartners. Diese Grundsätze gelten nach Auffassung des BMF auch für sämtliche Bareinnahmen und -ausgaben. Jeder Unternehmer, der eine gewerbliche, freiberufliche oder land- und forstwirtschaftliche Tätigkeit selbstständig ausübt, hat diese Vorschriften zu beachten. Nicht nur Lieferungen, sondern auch Dienstleistungen fallen darunter.

Das BMF beanstandet es allerdings nicht, wenn Kundendaten, insbesondere deren Name, nicht  aufgezeichnet werden, sofern diese nicht zur Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit des Geschäftsvorfalls benötigt werden. Dies gilt auch dann, wenn ein elektronisches Kassensystem eine Kundenerfassung und Kundenverwaltung zulässt, die Kundendaten aber tatsächlich nicht oder nur teilweise erfasst werden. Soweit Aufzeichnungen über Kundendaten aber tatsächlich geführt werden,  sind sie auch aufbewahrungspflichtig.

Zu den Einzelaufzeichnungen gehören nach Auffassung des BMF:

  • eindeutig bezeichneter Artikel / erbrachte Dienstleistung
  • endgültiger Einzelverkaufspreis
  • Umsatzsteuersatz und Umsatzsteuerbetrag
  • vereinbarte Preisminderung
  • Zahlungsart
  • Datum
  • Uhrzeit des Umsatzes
  • verkaufte Menge beziehungsweise Anzahl / Umfang der Dienstleistung

Eine Verpflichtung zur einzelnen Verbuchung – im Gegensatz zur einzelnen Aufzeichnung – eines jeden Geschäftsvorfalls besteht nicht. Auch können Warengruppen zusammengefasst werden, sofern die  verkaufte Menge beziehungsweise Anzahl der einzelnen Gegenstände ersichtlich bleibt.

Ausnahmen aus Zumutbarkeitsgründen
Sofern der Unternehmer nachweisen kann, dass die Aufzeichnung jedes einzelnen Geschäftsvorfalls nicht zumutbar ist, weil es technisch, betriebswirtschaftlich oder praktisch unmöglich ist, kann von der Einzelaufzeichnungspflicht Abstand genommen werden. Diese Möglichkeit besteht allerdings nur, wenn kein elektronisches Kassensystem, sondern eine offene Ladenkasse verwendet wird. Bei Einsatz eines elektronischen Kassensystems greift immer die Einzelaufzeichnungspflicht. Die Ausnahme von der Einzelaufzeichnung aus Zumutbarkeitsgründen bei Führung einer offenen Ladenkasse gilt sowohl bei Warenverkäufen als auch bei Dienstleistungen. Aber: Bei Dienstleistungen sind nach Auffassung des BMF dennoch Einzelaufzeichnungen zu führen, wenn der Kundenkontakt etwa der Dauer der Dienstleistung entspricht und der Kunde auf die Ausübung der Dienstleistung üblicherweise individuellen Einfluss nehmen kann, wie etwa im Friseurhandwerk, in Kosmetikstudios, in Praxen für Physiotherapie oder beim Reitunterricht. Werden entsprechende Dienstleistungen erbracht, ist diese strenge Sichtweise des BMF zu beachten.

Wenn allerdings tatsächlich Einzelaufzeichnungen geführt werden, können sich Dienstleister wie auch Einzelhändler nicht auf die Aufzeichnungserleichterung aus Zumutbarkeitsgründen berufen.

Vertrauenskassen
Bei Kassen ohne Verkaufspersonal, sogenannten Vertrauenskassen, wie beispielsweise beim  Gemüseverkauf am Feldrand, Fahrscheinautomaten sowie Waren- und Dienstleistungsautomaten, beanstandet das BMF es nicht, wenn diese Kassen nicht täglich, sondern erst bei Leerung ausgezählt werden und die Barumsätze festgehalten werden.