Wachstumschancengesetz

Wachstumschancengesetz Gesetzgeber erhofft sich durch steuerliche Neuregelungen Impulse für die Wirtschaft SHBB Bad Oldesloe

Die ökonomischen Folgen der multiplen Krisen belasten die deutsche Wirtschaft und die Haushalte. Zugleich stellen die Dekarbonisierung der Industrie und der demografische Wandel die deutsche Wirtschaft vor große Herausforderungen. Um diesen Herausforderungen begegnen zu können, sollen durch die im Folgenden vorgestellten Änderungen und Neuregelungen auch in steuerlicher Hinsicht die Rahmenbedingungen für mehr Wachstum, Investitionen und Innovationen durch das Wachstumschancengesetz verbessert werden. Das Gesetz wurde bei Redaktionsschluss noch parlamentarisch beraten. Geplant ist die Zustimmung des Bundesrates in seiner letzten Sitzung vor dem Jahreswechsel Mitte Dezember 2023.

Einkommenssteuer

Geringwertige Wirtschaftsgüter
Gegenwärtig können Anschaffungs- oder Herstellungskosten für bewegliche, abnutzbare und selbstständig nutzbare Wirtschaftsgüter sofort gewinnmindernd berücksichtigt werden, wenn der Betrag von 800 € netto nicht überschritten wird. Vorgesehen ist eine Erhöhung dieses Betrags auf 1.000 €. Die Betragsgrenze für die Bildung eines Sammelpostens soll von derzeit 1.000 € netto auf 5.000 € netto erhöht und dieser Posten zukünftig über drei Jahre anstatt fünf Jahre aufgelöst werden können. Beide Regelungen wären anwendbar für Anschaffungen, die nach dem 31.12.2023 getätigt werden.

Sonderabschreibungen
Derzeit ist eine Sonderabschreibung für abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens in Höhe von 20 % für Betriebe möglich, die die Gewinngrenze von 200.000 € im vorangegangenen Wirtschaftsjahr nicht überschritten haben. Es ist beabsichtigt, diese Grenze für Anschaffungen von Wirtschaftsgütern nach dem 31.12.2023 auf 50 % zu erhöhen.

Erweiterter Verlustrücktrag und Verlustvortrag
Es ist vorgesehen, den bisher möglichen Verlustrücktrag von zwei Jahren auf drei Jahre auszudehnen. Die bisher coronabedingt befristeten Betragsgrenzen in Höhe von zehn Mio. € bei Einzel- bzw. 20 Mio. € bei Zusammenveranlagung sollen zusätzlich dauerhaft gelten. Die Regelungen gelten auch für die Gewerbe- und Körperschaftssteuer. Ein erweiterter Verlustvortrag ist befristet für die Jahre 2024 bis 2027 geplant.

Überlassung von Elektrofahrzeugen
Werden betriebliche Elektrofahrzeuge durch den Unternehmer oder die Arbeitnehmer auch privat genutzt, ist als Bemessungsgrundlage für den Privatanteil ein Viertel der sogenannten 1 %-Regelung oder der nachgewiesenen Aufwendungen laut Fahrtenbuch zu besteuern. Voraussetzung ist bisher, dass der Bruttolistenpreis des Fahrzeugs maximal 60.000 € beträgt. Dieser Wert soll auf 80.000 € angehoben werden. Die Neuregelung soll erstmals für Kraftfahrzeuge anzuwenden sein, die nach dem 31.12.2023 angeschafft werden.

Erhöhung von Pauschalen
Es ist vorgesehen, die Verpflegungspauschalen ab dem Veranlagungszeitraum 2024 zu erhöhen. Bei einer 24-stündigen Abwesenheit des Steuerpflichtigen von seiner Wohnung oder ersten Tätigkeitsstätte steigt die Pauschale von 28 € auf 30 € je Tag, für An- und Abreisetage steigt die Pauschale von 14 € auf 15 € und für Abwesenheiten ohne Übernachtung von mehr als 8 Stunden von 14 € auf 15 €. Das gilt gleichermaßen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Überschreitet der Wert für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, 35 € je Wirtschaftsjahr, scheidet der Betriebsausgabenabzug aus. Geplant ist, die bisher gültige Betragsgrenze von 35 € erstmals für Wirtschaftsjahre mit Beginn nach dem 31.12.2023 auf 50 € zu erhöhen.

Bei Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer gilt bisher ein Freibetrag in Höhe von 110 € je Betriebsveranstaltung und teilnehmendem Arbeitnehmer. Erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2024 bzw. dem Lohnsteuerabzug 2024 soll dieser Freibetrag auf 150 € steigen.

Degressive Abschreibung
Es ist geplant, die degressive Absetzung für Abnutzung (AfA) für Wirtschaftsgüter, die im Zeitraum vom 01.10.2023 bis zum 01.01.2025 angeschafft oder hergestellt werden, wieder einzuführen.

Degressive Abschreibung für Wohngebäude
Für Gebäude, die Wohnzwecken dienen und mit deren Herstellung nach dem 30.09.2023 und vor dem 01.10.2029 begonnen wird beziehungsweise wurde oder für die der obligatorische Kaufvertrag im gleichen Zeitraum rechtswirksam abgeschlossen wurde, soll eine degressive AfA in Höhe von sechs Prozent ermöglicht werden. Diese kann auch im Fall der Anschaffung beansprucht werden, jedoch nur, wenn diese bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung des Wohngebäudes erfolgt.

Freigrenze für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung
Es ist vorgesehen, ab dem Veranlagungszeitraum 2024 eine Freigrenze für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 1.000 € einzuführen. Wird die Freigrenze überschritten, sind die Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung vom Steuerpflichtigen vollumfänglich zu erklären. Werbungskosten sind abziehbar. Auf Antrag wäre ein Verlustabzug aber auch weiterhin möglich, wenn die Ausgaben die Einnahmen übersteigen.

Investitionsprämie

Es ist beabsichtigt, durch das Gesetz zur steuerlichen Förderung von Investitionen in den Klimaschutz (Klimaschutz-Investitionsprämiengesetz) eine neue steuerliche Investitionsförderung mit Rechtsanspruch für alle beschränkt und unbeschränkt steuerpflichtigen Unternehmen unabhängig von ihrer Größe, ihrer Rechtsform und ihrer wirtschaftlichen Betätigung einzurichten. Wichtiger Hinweis: Da es sich hierbei um eine staatliche Beihilfe handelt, sind beihilferechtliche Anforderungen zu beachten. Aus diesem Grund sind zum Beispiel folgende Sachverhalte beziehungsweise Fälle nicht begünstigt: ein Unternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, der Fischerei- und Aquakultursektor, der Sektor der landwirtschaftlichen Primärproduktion sowie Investitionen zur Erzeugung von Kernenergie, Kraft-Wärme-Kopplung sowie Fernwärme oder -kälte. Förderfähig wären nur neue, abnutzbare und bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die in einem Energie- oder Umweltmanagementsystem oder in einem zwingend durchzuführenden Energieaudit enthalten sind. Die Investitionsprämie soll 15 % der förderfähigen Aufwendungen betragen und auf sechs Jahre bis 2030 befristet sein.

Abgabenordnung

Buchführungspflicht
Bisher müssen gewerbliche Unternehmer sowie Land- und Forstwirte eine Bilanz aufstellen, wenn sie für den einzelnen Betrieb einen Gesamtumsatz von mehr als 600.000 € im Kalenderjahr oder einen Gewinn von mehr als 60.000 € im Wirtschaftsjahr erzielen. Es ist beabsichtigt, diese Grenzen für Wirtschaftsjahre mit Beginn nach dem 31.12.2023 auf 800.000 € für den Gesamtumsatz und 80.000 € für den Gewinn zu erhöhen.

Anzeigepflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen
Zukünftig soll eine neue Meldepflicht für innerstaatliche Steuergestaltungen eingeführt werden, die sich – so weit wie möglich – an der bereits existierenden Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen orientiert. Dafür werden umfangreiche neue Regelungen in das Gesetz aufgenommen, die definieren, in welchen Fällen eine innerstaatliche Steuergestaltung vorliegt, wer Nutzer
einer solchen Gestaltung ist und wann eine Verpflichtung zur Mitteilung besteht. Der Zeitpunkt für die erstmalige Anwendung dieser neuen Regelungen soll durch das Bundesfinanzministerium bekannt gegeben werden. Es ist geplant, zwischen der Bekanntgabe und der erstmaligen Anwendung jedoch mindestens ein Jahr vergehen zu lassen, um den Beteiligten die notwendigen Vorbereitungen zu ermöglichen.

Die Einführung dieser Anzeigepflicht wird von Verbänden und Steuerberatern äußerst kritisch gesehen, da schon für die Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Gestaltungen außer jeder Menge Bürokratie kein positives Ergebnis zu verzeichnen ist.

Umsatzsteuer

Umsatzsteuervoranmeldung
Unternehmer, die im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 1.000 € Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen mussten, können bisher von der Verpflichtung zur Abgabe von Voranmeldungen befreit werden. Zur Entlastung der Steuerpflichtigen von bürokratischen Anforderungen ist die Anhebung dieser Betragsgrenze ab dem Besteuerungszeitraum 2024 auf 2.000 € geplant.

Verwendung von elektronischen Rechnungen
Im Vorgriff auf die noch einzuführende Verpflichtung zur transaktionsbezogenen Meldung von Umsätzen im B2B-Bereich durch Unternehmer an ein bundeseinheitliches elektronisches Verwaltungssystem soll die elektronische Rechnung (eRechnung) eingeführt werden. Weitere Informationen dazu folgen.

Ist-Besteuerung
Es ist geplant, die Betragsgrenze für die Berechnung der Umsatzsteuer nach vereinnahmten Entgelten ab dem Beteuerungszeitraum 2024 von 600.000 € auf 800.000 € anzuheben.

Pauschalbesteuerung für Land- und Forstwirte
Der Durchschnittssteuersatz und die Vorsteuerpauschale für Land- und Forstwirte soll ab dem Besteuerungszeitraum 2024 erneut sinken, von derzeit 9 % auf 8,4 %.

Personengesellschaftsrechtsmodernisierungsgesetz (MoPeG)

Zum 1. Januar 2024 wird das MoPeG in Kraft treten. Ziel der Reform ist es, die rechtlichen Regelungen für Personengesellschaften an ein modernes Wirtschaftsleben anzupassen. Der Kern der Reform liegt in der Überarbeitung der gesetzlichen Regelungen für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Zum einen wird erstmals die Rechtsfähigkeit der GbR gesetzlich geregelt, zum anderen ist geplant, für die rechtsfähige GbR ein Gesellschaftsregister einzuführen.

Das MoPeG wird auch Auswirkungen auf das Steuerrecht haben. Das Wachstumschancengesetz sieht hier entsprechende Anpassungen an die mit dem MoPeG eintretenden Rechtsänderungen vor. Geplant ist, dass diese am 01.01.2024 in Kraft treten sollen. Für die Einkommen- und Erbschaftsteuer würden sich nach jetzigem Stand im Wesentlichen keine Änderungen ergeben.

Die Steuervergünstigungen für Personengesellschaften in der Grunderwerbsteuer finden in ihrer jetzigen Ausgestaltung ab dem 01.01.2024 nach derzeitigem Stand keine Anwendung. Ob und inwieweit der Gesetzgeber für Gesellschaften zukünftig Steuervergünstigungen vorsieht, ist derzeit nicht geklärt.