Freiberufler-Personengesellschaften:
Gewerbliche Infizierung vermeiden!

Freiberufler-Personengesellschaften: Gewerbliche Infizierung vermeiden! SHBB Bad Oldesloe

Die Gefahr einer gewerblichen Infizierung freiberuflich oder land- und forstwirtschaftlich tätiger Personengesellschaften hat in der Praxis große Bedeutung. Das Einkommenssteuergesetz schreibt vor, wann eine Personengesellschaft bei Ausübung auch einzelner gewerblicher Tätigkeiten oder Erzielung auch gewerblicher Einnahmen nach Überschreitung bestimmter Bagatellgrenzen in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt. Die steuerliche Konsequenz einer gewerblichen Infizierung (auch Abfärbung genannt) ist die Entstehung beziehungsweise Fiktion eines Gewerbebetriebes, der sämtliche Tätigkeiten der Personengesellschaft umfasst mit allen sich daraus ergebenen Folgen bei der Einkommenssteuer, Gewerbesteuer, der Gewinnermittlung etc..

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat mit Urteil aus September 2021 entschieden, dass eine zwingende Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung als Freiberufler-Personengesellschaft ist, dass sämtliche an der Personengesellschaft beteiligten Mitunternehmer auch die beruflichen Anforderungen der selbstständig ausgeübten Tätigkeit erfüllen müssen. Im Urteilsfall waren in einer eingetragenen Partnerschaftsgesellschaft insgesamt sieben Zahnärzte beteiligt, davon drei als sogenannte Seniorpartner und vier als Juniorpartner. Im Jahr 2011 rügten sechs der Partner den unterdurchschnittlichen Beitrag eines der Gesellschafter zum im Partnerschaftsvertrag festgelegten Gesellschaftszweck, der Erbringung von zahnärztlichen Dienstleitungen. Tatsächlich beschränkte sich die Tätigkeit des betroffenen Seniorpartners nahezu ausschließlich auf Aufgaben außerhalb der Patientenbehandlung, etwa auf die Erledigung von Verwaltungs- und Personalangelegenheiten, die Wartung und Instandhaltung von Praxisinventar und die interne Revision. Im Rahmen der gesonderten und einheitlichen Erklärung zur Feststellung von Besteuerungsgrundlagen wurden die Einkünfte aller sieben Partner als Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit erklärt und zunächst auch vom Finanzamt entsprechend veranlagt. Einige Jahre später fand eine steuerliche Betriebsprüfung bei der Partnergesellschaft statt, bei der die Gesellschafter auch eine Tätigkeitsbeschreibung des inzwischen fristlos gekündigten Seniorpartners abgaben. Darin hieß es, dass es seit Beginn der Partnerschaft Aufgabenbereich des betreffenden Partners gewesen sei, alle Dinge für die Praxis zu erledigen, die außerhalb der eigentlichen Patientenbehandlung zum Betrieb einer Zahnarztpraxis gehören. Im Zuge der Betriebsprüfung wurden die Einkünfte der Partnerschaftsgesellschaft vom Finanzamt nicht mehr als solche aus selbstständiger Arbeit gesehen, sondern in vollem Umfang zu Einkünften aus Gewerbebetrieb umqualifiziert – mit der Begründung, dass in einer freiberuflichen Partnerschaftsgesellschaft jeder Gesellschafter die Merkmale selbstständiger Arbeit erfüllen müsse. Weil dieses Merkmal nicht erfüllt sei, wurden für den Prüfungszeitraum die Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit in gewerbliche Einkünfte umqualifiziert und infolge dessen auch Gewerbesteuermessbeträge festgesetzt.

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz bestätigte die Rechtsauffassung des Finanzamtes. Alle Partner der Gesellschaft seien grundsätzlich als Mitunternehmer anzusehen, da jeder Partner die Merkmale eines steuerlichen Mitunternehmers durch das Entfalten von Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko erfüllt habe. Allerdings sah es das Finanzgericht als erwiesen an, dass die Tätigkeit des besagten Seniorpartners überwiegend nicht dem Berufsbild eines eigenverantwortlich und leitend tätigen Zahnarztes entsprach und daher nicht als freiberufliche, sondern als gewerbliche Tätigkeit anzusehen wäre. Dadurch käme es zu einer gewerblichen Infektion sämtlicher Einkünfte der Partnerschaftsgesellschaft. Gegen das Urteil wurde von der Partnerschaftsgesellschaft Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt. Nach den Gesamtumständen des Urteilsfalls ist zu erwarten, dass auch der BFH die steuerliche Infektion oder Abfärbung bestätigen wird.

Unser Rat:

Das Urteil bestätigt unsere bisherige Beratungsempfehlung. Bei freiberuflichen Personengesellschaften ist streng darauf zu achten, dass sämtliche Gesellschafter ihre freiberufliche Tätigkeit auch durchgehend aktiv ausüben, um eine gewerbliche Infektion zu vermeiden. Bereits im Gesellschaftsvertrag sollte eine eventuell beabsichtigte Aufgabenverteilung zwischen den Gesellschaftern so gestaltet werden, dass tatsächlich jeder einzelne Gesellschafter maßgeblich auch im unmittelbaren Berufsfeld der freiberuflichen Arbeit eigenverantwortlich und leitend tätig wird.