Steuerbefreiung kleinerer PV-Anlagen

Photovoltaik-Kleinstanlagen

Mit dem Jahressteuergesetz 2022 wurde die Besteuerung kleinerer Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) neu geregelt. Zu offenen Fragen bei der Auslegung des Gesetzes hat sich das Bundesfinanzministerium (BMF) mit Schreiben aus Juli 2023 geäußert.

Neuregelung in der Einkommensteuer

Steuerbefreit werden Einnahmen und Entnahmen aus dem Betrieb von mit Gewinnerzielungsabsicht
betriebenen PV-Anlagen auf oder an

  • Einfamilienhäusern einschließlich Nebengebäuden und nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden, wie zum Beispiel landwirtschaftliche Maschinenhallen, Stallgebäude, Gewerbehallen und dergleichen, mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister bis 30 Kilowattpeak (im Folgenden abgekürzt kWp) sowie
  • sonstigen Gebäuden, zum Beispiel Mehrfamilienhäuser, mit einer installierten Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister bis 15 kWp je Wohn- oder Gewerbeeinheit.

Es besteht kein Wahlrecht auf Steuerbefreiung. Die Befreiung umfasst nicht nur neu errichtete Anlagen, sondern gilt rückwirkend auch für alle Einnahmen und Entnahmen nach dem 31. Dezember 2021 aus Bestandsanlagen, die die genannten Kriterien erfüllen. Sie gilt nur bis zu einer Maximalleistung von 100 kWp pro Steuerpflichtigem oder Mitunternehmerschaft. Es ist nicht erforderlich, dass der Betreiber der PV-Anlage auch Eigentümer des Gebäudes ist, auf, an oder in dem sich die Photovoltaikanlage befindet.

Vorgehen in der Praxis

Die Steuerbefreiung gilt für natürliche Personen, Mitunternehmerschaften und Körperschaften. Wenn Eheleute eine gemeinsame Photovoltaikanlage besitzen, bilden sie eine Mitunternehmerschaft. In der Praxis ergeben sich für die Steuerbefreiung zwei Prüfungsebenen: Im ersten Schritt ist für den Steuerpflichtigen oder die Mitunternehmerschaft zu klären, ob die maßgeblichen Leistungen der betriebenen PV-Anlagen die für die jeweilige Gebäudeart zulässige Größe pro Gebäude einhalten (objektbezogene Prüfung). Im zweiten Schritt wird überprüft, ob der Steuerpflichtige oder die Mitunternehmerschaft mit allen relevanten Anlagen insgesamt unterhalb der 100 kWp-Grenze bleibt (subjektbezogene Prüfung). Wichtig: Bei der 100 kWp-Grenze handelt es sich um eine Freigrenze: Wird sie
überschritten, ist die Steuerbefreiung insgesamt nicht anzuwenden.

Installierte Leistung addieren

Bei der Prüfung, ob die 100 kWp-Grenze eingehalten wird, sind die maßgeblichen Leistungen aller begünstigten PV-Anlagen zu addieren. Eine (anteilige) Zusammenrechnung mit PV-Anlagen aus einer anderen Mitunternehmerschaft erfolgt nicht. Außerdem werden PV-Anlagen, die von vornherein nicht begünstigt sind, bei der Berechnung nicht mitgezählt. Hierzu zwei Beispiele:
Beispiel 1: Ein Steuerpflichtiger betreibt zwei PV-Anlagen mit einer maßgeblichen Leistung von 30 kWp auf je einem Einfamilienhaus und eine PV-Anlage auf der Freifläche mit einer maßgeblichen Leistung von 50 kWp. Die Freiflächen-PV-Anlage ist nicht in die Prüfung der 100 kWp-Grenze einzubeziehen, weil Freiflächen-PV-Anlagen generell nicht unter die Steuerbefreiung fallen. Beide Anlagen auf den Einfamilienhäusern sind somit steuerbegünstigt, der Steuerpflichtige überschreitet die 100 kWp-Grenze nicht.
Beispiel 2: Zusätzlich zu den in Beispiel 1 genannten Anlagen betreibt der Steuerpflichtige eine vierte PV-Anlage mit einer maßgeblichen Leistung von 50 kWp auf einem Haus mit zwei Wohneinheiten. Auch diese vierte Anlage fällt bereits dem Grunde nach nicht unter die begünstigten Anlagen, weil die maximale maßgebliche Leistung von 30 kWp für diese Gebäudeart überschritten ist. Daher ist auch diese Anlage nicht in die Ermittlung der gesamten installierten Leistung einzubeziehen, der Steuerpflichtige bleibt unter der 100 kWp-Grenze. Die Anlagen auf den Einfamilienhäusern sind auch in diesem Beispiel steuerbegünstigt.

Zeitanteilige Anwendung bei maßgeblichen Veränderungen

Wenn die Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung einer PV-Anlage unterjährig erstmalig oder letztmalig erfüllt werden, wird die Steuerbefreiung anteilig nur bis zu diesem Zeitpunkt beziehungsweise ab diesem Zeitpunkt angewendet. Die zeitanteilige Anwendung kann zum Beispiel aufgrund von Veränderungen bei Anzahl der Wohn- oder Gewerbeeinheiten im Gebäude eintreten, durch eine Änderung der maßgeblichen Leistung der PV-Anlage oder auch durch Über- oder Unterschreitung der 100 kWp-Grenze des Steuerpflichtigen oder der Mitunternehmerschaft.

Auswirkung der Steuerbefreiung auf Investitionsabzugsbeträge

Vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes konnten unter bestimmten Umständen bis zu 50 % der Investitionskosten bereits in den Jahren vor der Anschaffung einer PV-Anlage steuerlich als Investitionsabzugsbetrag (IAB) geltend gemacht werden. Laut BMF setzt die Inanspruchnahme des IAB eine betriebliche Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht voraus. Wenn Einnahmen und Entnahmen dabei ausschließlich aus der Stromerzeugung von PV-Anlagen erzielt werden, die nach der neuen Regelung steuerbegünstigt sind, entfällt nunmehr für alle nach dem 31.12.2021 endenden Wirtschaftsjahre die Möglichkeit, IAB in Anspruch zu nehmen. Zudem sind alle vor dem 01.01.2022 gebildeten IAB steuerwirksam aufzulösen. Soweit die PV-Anlage Betriebsvermögen eines Betriebes ist, dessen Zweck nicht nur die Erzeugung von Strom aus PV-Anlagen ist, bestehen die Möglichkeiten weiter, IAB in Anspruch zu nehmen.

Betriebsausgabenabzug entfällt

Ein Verzicht auf die Steuerbefreiung, etwa um die Gesamtsteuerbelastung über einen längeren Zeitraum zu optimieren, ist nicht zulässig. Der zuvor mögliche Betriebsausgabenabzug geht mit der Neuregelung grundsätzlich verloren, es sei denn, der erzeugte Strom wird eigenbetrieblich genutzt. Ein Betriebsausgabenabzug in Veranlagungszeiträumen vor 2022 bleibt davon unberührt.